Hans Wölfel

Um 1900 reichten die Altwasser des Mains noch bis zum Dorfrand. Das Dorf liegt auf einem flachen Hügel. Die Kirche St. Jakobus der Ältere überragt es. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erweiterte man die alte Chorturmkirche und gab ihr die in Franken übliche barocke Ausstattung. Das Photo zeigt den Kirchenraum mit aufgestellter Tumba.

Das Dorfleben vollzog sich im Rhythmus der Jahreszeiten, der bäuerlichen Arbeit und der Feste des Kirchenjahres. Nach dem Sonntagsgottesdienst besuchte man die verstorbenen Angehörigen auf dem Friedhof. Die Mehrzahl der Ebinger waren Kleinbauern. Seit  1913 verband die Eisenbahn das Dorf mit Bamberg.

Photo: Ebing um 1919, Luftaufnahme, Photo aus Elmar Kerner, Ebinger Kriegschronik Photo: Kirche Ebing Photo aus Elmar Kerner, Ebinger Kriegschronik
Photo: Kirche Innenraum Photo aus Elmar Kerner, Ebinger Kriegschronik
Photo: Fronleichnam in Ebing, Photo aus Elmar Kerner, Ebinger Kriegschronik

Als Pfarrer Johann Wölfel 1916 die Pfarrei St. Jakobus der Ältere in Ebing übernahm, kamen mit ihm auch sein 14j��hriger Neffe Hans Wölfel und seine Haushälterin Gertrud Schmitt ins Pfarrhaus. Pfarrer Wölfel kümmerte sich um seine Gemeinde. Er sprach mit den Leuten auf dem Feld und auf den Bierkellern, und er schrieb eine Kriegschronik seiner Gemeinde. Er redet seinen Bauern ins Gewissen, das geerntete Getreide abzuliefern und nicht schwarz zu schlachten. Er verteidigt die Monarchie. Der Republik steht er abwartend gegenüber.

Photo: Kriegschronik Wölfels
Photo: Pfarrer Wölfel und Familie Schneiderbanger auf dem Feld, Photo aus Elmar Kerner, Ebinger Kriegschronik

Als Andreas Schneiderbanger 1919 aus dem Krieg zurückkehrte, warf er ein Auge auf die Pfarrhaushälterin Gertraud Schmitt. Er heiratete sie und sie schenkte ihm vier Kinder, darunter Rudolf und Georg.  Dr. med. Rudolf Schneiderbanger (1919 – 1989) wurde ob seiner Verdienste als Kneiparzt in Bad Wörishofen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Georg Schneiderbanger (1925 – 2013) kam weder in der weiten noch in der wissenschaftlichen Welt weit herum, er blieb in Ebing, doch hier war er im gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben der Gemeinde über Jahrzehnte hinweg tätig.

Andreas und Gertraud Schneiderbanger hatten eigentlich noch ein fünftes Kind, einen  Ziehsohn, den Neffen des Pfarrers: Hans Wölfel.

Hans Wölfel wurde1902 in Bad Hall, Österreich geboren. Seine Eltern gaben ihn, mit 14 Jahren,  zu seinem Onkel, den Pfarrer von Ebing, zur Erziehung. Hans besuchte des Alte Gymnasium und studierte Jurisprudenz. 1929 ließ er sich in Bamberg als Rechtsanwalt nieder, und wenn er auch kein Ebinger Mädchen zur Frau nahm, sondern eines aus Pödeldorf, die familiäre Bindung mit Familie Schneiderbanger und Ebing blieb bestehen.

Photo: Wölfel in Ebing, Sammlung Schneiderbanger

1943 wurde Hans Wölfel von der Gestapo verhaftet. Rudolf Schneiderbanger, der mit Wölfel tags zuvor bis tief in die Nacht hinein Kanzleiakten bearbeitet hatte, öffnete früh morgens 7 Uhr den Polizeibeamten die Tür.

Wölfel hatte einer jungen Frau gegenüber in Gesellschaft kritische Bemerkungen gemacht und Hitler „den größten Wortverdreher aller Zeiten“ genannt. Die junge Frau denunzierte Wölfel und behauptete, dieser habe Ihren Glauben an Adolf Hitler und den Sieg des deutschen Volkes beeinträchtigt. Der Volksgerichtshof verurteilte Wölfel wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode. Das Urteil wurde am 3. Juli 1944 in Brandenburg-Görden vollstreckt. Wölfel starb aufrecht als Verteidiger des Rechts und als tiefgläubiger Christ. Wölfels Frau und Tochter fanden Zuflucht in Ebing. Noch heute pflegt die Familie Schneiderbanger das Andenken Hans Wölfels.

1947 gab die Stadt Bamberg Hans Wölfel ein Ehrengrab.

Photo: Ehrengrab Wölfels
Photo: Hans Wölfel

Literatur

Bocksch, Mechthildis, Hrsg.: Hans Wölfel 1902 – 1944. Ein Bamberger im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Leben und Erinnerung

Bamberg 2004

Kerner, Elmar: Ebinger Kriegschronik. Die Aufzeichnungen von Landpfarrer Johann Wölfel (1863 – 1929)

Bamberg 1999

Zeißner, Werner: Hans Wölfel. In: Zeugen für Christus. Das deutsche  Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Herausgegeben im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz von Helmut Moll. Paderborn 1999.

Band I, S. 87 – 90.

Chronik von Ebing. Erinnerungswürdiges von Ortschaft, der Pfarrkirche und Pfarrei und vom Brauchtum. Zusammengestellt vom “Runden Tisch” Ebing, vertrieben vom Ortskulturring Ebing

1. Band 1993, 2. Band 1999

Der Förderkreis zur Pflege des Erinnerns an Hans Wölfel e.V. hält die Erinnerung an Hans Wölfel aufrecht (Siehe www.foerderkreis-hans-woelfel.de )

Dr. phil. Alwin Reindl